Das Erstgespräch mit KlientInnen ist auch für BeraterInnen, TherapeutInnen und Coaches immer eine neue und aufregende Herausforderung- und der Start zu einer spannenden Reise. Der erste Kontakt ist von großer Bedeutung für beide Seiten und kann darüber entscheiden, ob eine Beratung oder Therapie zustande kommt oder eben nicht.
Gerade zu Beginn der Tätigkeit als Coach, BeraterIn oder TherapeutIn kann ein Leitfaden für ein Erstgespräch sehr hilfreich sein. Er gibt Struktur und Orientierung. Struktur wiederum gibt Sicherheit, besonders auch dem anfragenden Klienten, denn dieser ist beim Erstkontakt aufgeregt und vielleicht etwas verunsichert.
Generell dient das Erstgespräch der Abklärung. Coach und KlientIn sollten am Ende des Gesprächs beurteilen können, ob eine gemeinsame Zusammenarbeit möglich und sinnvoll ist.
Vorstellung des Coaches
Zunächst stellt sich der Coach/ Berater/ Therapeut vor: kurze Vorstellung der eigenen Person. Jeder Professionelle sollte hier selbst entscheiden, wieviel er von sich privat kommuniziert. In der Regel reicht ein wirklich kurzes Bild der eigenen Person, mit Namen, Profession und Praxisort. Es geht um den Klienten als Mensch und nicht um ein Bewerbungsgespräch des Coaches, in welchem man alle Skills möglichst gut verkaufen muss. Der Klient hätte sich nicht bei dir gemeldet, ohne sich vorher schon ein Bild gemacht zu haben ( homepage, Empfehlung oä).
Methoden
Desweiteren folgt eine kurze! Vorstellung über die Methoden, mit welchen man aktuell arbeitet. Der Klient sollte eine grobe Einschätzung vornehmen können, ob die angewandten Methoden ihm bei seinem individuellen Problem helfen können.
Erwähnt werden muss hier nicht ein einzelnes Seminar aus dem Jahr 2004 zum Thema "Energieheilen" oä, vielmehr zählt die Summe deiner Erfahrungen und die Persönlichkeit, zu der du bis heute geworden bist. Der Klient sucht DICH im HIER und JETZT!
Helfen Ihm deine derzeitigen Methoden? Arbeitest du körperorientiert, mit Gesprächen, mit Entspannung? Der Klient wird spüren, ob er mit dir und deinem Methodenrepertoir weiter kommen wird!
Sei klar und strukturiert und verliere dich nicht in allzu theoretischen und komplizierten Erklärungen über deinen Methoden. Natürlich möchten wir damit gern unsere vielfältige Expertise, unser Portfolio und unsere Professionalität untermauern, aber frage dich immer, "was bringt das dem Klienten"?
Weniger kann hier also durchaus mehr sein- auch wenn es schwer fallen mag.
Verschwiegenheit
Wichtig finde ich, schon direkt zu Beginn des Gespräches auf die Verschwiegenheitspflicht hinzuweisen. Das schafft Vertrauen, der Klient kann sich schon im Erstgespräch mehr öffnen.
Vorstellung des Klienten
Bei der Vorstellung des Klienten ist es wichtig zu wissen, dass dieser wahrscheinlich zunächst "aus sich heraus sprudelt" und "alles auf einmal" erzählen möchte. Auch hier ist Struktur sinnvoll. Fragen wie: "Was führt Sie zu mir? "Warum jetzt?", haben sich bewährt.
Es können bisherige Lösungsversuche erfragt werden. "Was haben Sie bisher probiert, um Ihr Problem zu lösen"? "Welche Institutionen haben Sie kontaktiert"? "Waren Sie bereits in Therapie"? Dies vermittelt uns einen Eindruck über die Intensität, den Leidensdruck und die Dauer der Krise.
Ziele und Erwartungen
Weiterhin kann man den Klienten nach seiner Zielsetzung fragen. "Was sind Ihre Ziele bezüglich der psychologischen Beratung?", "Was wäre ein gutes Ergebnis für Sie", "Was wird sich verändert haben, wenn unser gemeinsamer Weg zu Ende geht"?
Auch die Erwartungshaltung an den Coach gilt es zu klären. "Was erwarten Sie von mir"? "Wie genau kann ich Ihnen helfen?".
Hierbei ist es wichtig, diese Frage sich selbst als auch dem Klienten gegenüber offen und ehrlich zu beantworten. Es bringt beiden Seiten nichts, hier falsche Versprechungen zu geben. Wenn ich als Coach mit klientenzentrierter Gesprächsführung arbeite, muss ich dem Klienten offen sagen, dass es hier um den Prozess an sich geht und nicht unbedingt um schnelle Lösungen in meiner Beratung.
Zusammenfassendes Spiegeln
Wenn das Gespräch bis hierhin gut verlaufen ist, empfehle ich nun ein zusammenfassendes Spiegeln. Was habe ich als Coach wahrgenommen? Wo sind die tiefgreifenden Schwierigkeiten? Um was geht es wirklich? Was kann ich anbieten? Wo gibt es eine Verbindung und somit eine gute Grundlage für ein gemeinsames Arbeiten.
Rahmenbedingungen ( Kosten, Daten, Termine)
Zum Ende hin, sollten die Rahmenbedingungen abgeklärt werden.
Art und Umfang der Beratung, Kosten müssen offen kommuniziert werden. Ich mache oft die Erfahrung, dass es ganz wichtig ist, nochmals darüber zu informieren , dass sich das Angebot an Selbstzahler richtet ( in meiner Praxis!).
Wichtig sind auch Telefonnummer und andere Kontaktdaten. Bei meiner allerersten Klientin habe ich vor Aufregung vergessen, die Daten abzufragen und hatte keinerlei Möglichkeit der Kontaktaufnahme von meiner Seite. Viele Klienten rufen beim Erstgespräch mit unterdrückter Rufnummer an!
Vereinbare einen ersten Beratungstermin- wobei manche Klienten auch erst nochmal "eine Nacht darüber schlafen" möchten. Bei der Frage, ob man als Coach den Klienten zurückruft, sollte sich dieser nicht mehr melden, gibt es unterschiedliche Meinungen und Vorgehensweisen. Sollte man die Entscheidung akzeptieren, auch wenn man durchaus sieht, dass der Klient Bedarf an Beratung/ Therapie hat, oder sollte man nochmals nachfragen und intervenieren? Ich denke hier sollte jeder Coach intuitiv entscheiden und individuell vorgehen.
Verabschiedung
Ganz am Ende des Gespräches folgt eine adäquate und bewusst formulierte Verabschiedung. Man bedankt sich ausdrücklich für das Gespräch und das entgegengebrachte Vertrauen. Vielleicht vereinbart man eine weitere Verabredung, zu einem ersten Termin in der Praxis oder online oder zu einem Rückruf des Klienten.
Außen und Innen
Äußere und innere! Bedingungen für das Erstgespräch:
Zeit und Ruhe! Vereinbare bewusst einen separaten Termin für das Erstgespräch, wenn der Klient bei dir anruft zu einer Zeit, in der es gerade nicht richtig passt. Kommuniziere das
offen und ehrlich und biete ggf. einen Rückruf an, mit Datum und genauer Uhrzeit.
Führe ein Erstgespräch nur, wenn auch du innerlich gerade ruhig und sortiert bist. Der Klient spürt sofort, wenn du gedanklich nicht ganz bei ihm bist. Sorge für eine ruhige Umgebung. Nicht aus dem Auto heraus, kein Kindergeschrei im Hintergrund, kein Klingeln etc.
Meine Kollegin und ich bieten das Erstgespräch kostenlos an, begrenzen es zeitlich aber strikt auf 20 Minuten. Achte auch im Sinne deiner Selbstfürsorge darauf, dass es zeitlich und inhaltlich nicht "ausufert". Das ist gerade am Anfang schwer, denn man möchte ja helfen...
Vereinbare dann besser schon einen ersten Termin zur Beratung und teile dem Klienten mit, dass man dann ja weiter sprechen wird und tiefer einsteigen kann.
Und vor allem: Sei Du selbst! Sich verstellen, sich besonders klug und erfahren darstellen, macht wenig Sinn. Der Klient spürt, ob du echt und kongruent bist!
Viel Spaß und Erfolg!
Wenn Du eine psychologische Beratung bei mir buchen möchtest, in der Praxis oder online:
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